Happy Birthday: Willem Dafoe

Anlässlich Willem Dafoes Geburtstag ein paar Filmtipps.

Platoon

1986 verfilmte Regisseur Oliver Stone ein selbstverfasstes Drehbuch. Wie noch einige Male später sollte sich der Film als Geburtshelfer für die Karrieren einiger späterer Hollywood-Größen erweisen, darunter natürlich Charlie Sheen, Johnny Depp, Kevin Dillon, John C. McGinley oder Forest Whitaker. Im direkten Vergleich mit den vorgenannten Darstellern hatte Willem Dafoe zwar schon ein paar Filme in seinem Portfolio, aber auch seine Karriere erhielt erst mit “Platoon” den vollen Aufwärtstrend.

“Platoon” gewann 1987 4 Oscars – unter anderem Oliver Stone als bester Regisseur und war für weitere 4 nominiert, darunter sowohl Tom Berenger als auch Willem Dafoe als beste Nebendarsteller. Insgesamt gewann der Film 18 weitere Filmpreise, den Großteil davon heimste Stone als bester Regisseur ein, und war für weitere 9 nominiert.

“Platoon” gilt, völlig zu Recht, als eines der bedeutendsten filmisch inszenierten Anti-Kriegs-Statements, zusammen mit deutschen Klassikern wie “Die Brücke” oder “Im Westen nichts Neues”. Stone untermauerte eindrucksvoll seinen Ruf, nicht des Aufschreis sondern der Nachdrücklichkeit wegen gern kompromisslos und schockierend zu inszenieren.

Mississippi Burning

Basierend auf einer wahren Geschichte erzählt dieser Film von zwei FBI-Agenten, die 1964 in einem verschlafenen Südstaaten-Nest das Verschwinden dreier junger Bürgerrechtler aufklären sollen. Dafoe spielt Special Agent Alan Ward, einen Nordstaatler, gebildet, kultiviert, zurückhaltend und um Unbefangenheit bemüht. Sein Partner und Gegenpol ist Gene Hackman als Agent Rupert Anderson, der lange Jahre Sheriff in einem vergleichbaren Südstaaten-Kaff war und dementsprechend mit den Sitten und Gebräuchen aufgewachsen ist – leider aber auch zu einem nicht unerheblichen Teil noch die Mentalität der Bevölkerung in sich trägt, was wiederholt zu Reibereien mit seinem Partner führt.

Der Film schildert nachdrücklich und sehr einprägsam die Problematik, der sich die USA in den 1960ern ausgesetzt sahen: jahrelang gewachsener und staatlich propagierter Rassenhass und Diskriminierung wurden plötzlich per Gesetz abgeschafft.
Bewegend, beeindruckend, gewaltig, nicht zuletzt dank Dafoes Leistung.

eXistenZ

Drehbuch & Regie: David Cronenberg. Für Film-Enthusiasten eigentlich schon Grund genug, das Telefon auszuhängen, die Tür zu verschliessen und sich aufs Sofa zu fläzen. Der kanadische Regisseur gilt als Meister der Inszenierung surrealen Horrors, finden sich in seiner Filmografie doch Klassiker wie “Scanners” (1981), “The Dead Zone” (1983) oder “A History Of Violence” (2005).

“eXistenz” dürfte nicht zuletzt für Spielefans interessant sein, denn Videospiele und virtuelle Realität sind das große Thema des Films.
Jennifer Jason Leigh is Allegra Geller, die absolut angesagteste Spieldesignerin einer nicht allzufernen Zukunft. Jude Law spielt Ted Pikul, ihren Bodyguard. Allegra hat “eXistenZ” entworfen, ein Spiel das eine täuschend echte Welt simuliert und durch Gedanken und Gefühle des Spielers gesteuert und verändert wird. Bei einer Produktpräsentation versuchen Fanatisten, Allegra zu töten – die daraufhin mit ihrem Bodyguard ins Ungewisse flieht, denn angeblich hat ihr Arbeitgeber die Finger bei dem Attentat im Spiel.

Dafoes Rolle in diesem Film ist klein, aber fein. Einmal mehr erweist er sich als markanter Charakterdarsteller.

Willem Dafoe wird heute 53 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch!

Zitat des Tages & Denkanstoss

Wir hatten 30 Jahre Horrorfilme und nie Probleme mit Psychopathen.

Scream 3

Sollte man sich im Lager der “Anti-Killerspiel-Polemiker” auch mal durch den Kopf gehen lassen. In Videospielen auf wie Menschen aussehende Pixelballungen geschossen wurde schon mehr als 10 Jahre vor Erfurt.

Filmrezension: Herr Lehmann

Herr Lehmann heißt eigentlich Frank, aber da er schon bald dreißig wird, nennen ihn alle nur noch “Herr Lehmann”.

Herr Lehmann ist der Schutzpatron aller Tresenkräfte, Bierkonsumenten und Liebhaber sinnloser Gespräche, die sich im Schutz der Mauer im Berlin-Kreuzberg des Jahres Jahres 1989 eingerichtet haben.

Während sich im Ostteil der Stadt große gesellschaftliche Umbrüche ankündigen, hält auch viel Unerwartetes Einzug in Herrn Lehmanns Leben: Ein aufdringlicher Hund, der Besuch seiner Eltern, die Liebe zur schönen Köchin Katrin, sein bester Freund Karl und ein unbekannter Kristallweizen-Trinker sorgen in kurzer Zeit für mehr als Unruhe und Herr Lehmann hat alle Hände voll zu tun, diese Herausforderungen zu bewältigen. Und ausgerechnet am Tag seines 30. Geburtstages fällt auch noch die Mauer.

Wer Christian Ulmen seinerzeit auf MTV in “Unter Ulmen” oder einer seiner anderen Sendungen gesehen hat, der wird gewisse Zweifel über seine Auswahl für die Hauptrolle in einem Spielfilm teilen. Regisseur Leander Haußmann scheint diese Zweifel nicht gehabt zu haben und bewies damit den richtigen Riecher. Ulmen spielt eine reichlich seltsame Gestalt in einer reichlich seltsamen Stadt – und das sehr überzeugend.

Haußmann ist es gelungen, einen netten, kleinen Film über einige sehr skurile und doch – oder gerade deswegen? – liebenswerte Charaktere zu machen.
In einer Zeit, in der man nur mit immer teureren Spezieleffekten und großen Namen mehr Menschen ins Kino bringt – und auch bringen muss, um sich nicht selbst das Wasser abzugraben – hat Haußmann ein gewagtes Experiment versucht, indem er eine Geschichte über echte Menschen von echten Menschen erzählen lässt.

Ein Regie-Kollege Haußmanns, Detlev Buck, findet sich in einer der wichtigsten Rollen, nämlich der des Lehmann-Bewunderers, Freundes, Barkeepers und Künstlers Karl, der wie auch Lehmann selbst, in der Geschichte einige Male zwischen (beinahe) strahlendem Helden und tragischer Figur pendelt.

Die Geschichte über einige seltsame Gestalten an einem seltsamen Ort zu einer seltsamen Zeit erinnert ein wenig an “The Big Lebowsky”. Zumindest geht es mir so, denn in beiden Filmen wird auf zwar überzogene aber doch gerade irgendwie noch glaubhafte Art und Weise die Beziehung von Menschen in diesen chaotischen Zeiten zueinander geschildert. Den Reiz machen dabei sowohl die durchweg tolle Besetzung als auch die Story selbst aus.

“Herr Lehmann” ist kein spektakulärer Film und mancher wird ihn ohne Zweifel langweilig finden oder über mangelndes Verständnis klagen. Ich denke, dass es genau darum geht – es gibt nicht wirklich viel zu verstehen und es geht nicht darum, Unterhaltung für die ganze Familie zu bieten. Viel mehr geht es bei “Herr Lehmann” um ein gewisses Understatement, denn der Film ist in seiner ganzen Machart eher leise und dezent und wer bereit ist, sich auf diese leise und dezente Art einzulassen, der wird ohne Zweifel gut unterhalten werden.

Der Regisseur hat es geschafft, eine kleine aber durchaus fesselnde Welt zu erschaffen, an der er den Zuschauer durch die Kamera teilhaben lässt. Er bietet eine unterhaltsame Momentaufnahme des Lebens einiger Menschen, wie man sie nicht überall sieht und dessen, was in dieser kleinen Welt geschieht und bittet das Publikum im Gegenzug nur um die Bereitschaft, sich auf den Film einzulassen. Damit hat Buck ein faszinierendes Kunststück vollbracht, nämlich großes Kino auf sehr unaufdringliche Art zu produzieren. Prädikat unbedingt sehenswert.

Der Film liegt auf der DVD in deutscher Dolby-Digital-5.1-Tonspur mit optionalen englischen Untertiteln vor. Es gibt einen Audiokommentar von Regisseur Leander Haußmann und Drehbuchschreiber Sven Regener, das beinahe schon obligatorische und trotzdem sehenswerte “Making of”, eine von Christian Ulment kommentierte Fotogalerie, Interviews mit und Infos über Cast & Crew sowie einige entfallene Szenen, die auch beim zweiten Mal ansehen noch Spaß machen. Zudem findet sich ein Videoclip im Bonusmaterial, nämlich “Collapsing New People (Westbam Remix)” von Fad Gadget.
Ausserdem liegt dem Film ein achtseitiges Büchlein namens “Tagebuch eines Praktikanten” bei, das eben jener Praktikant, David Gruschka mit Namen, geschrieben hat. Unter www.herr-lehmann.de gibt es das ganze auch online, die Aufmachung der gedruckten Version ist aber unzweifelhaft ansprechender.