Zeiten ändern mich

Die billige Anspielung auf den Titel eines in diesem Jahr erschienen Films mit Moritz Bleibtreu sei mir verziehen – dieser Eintrag beschäftigt sich mit jüngsten Veränderungen des ergebenen Verfassers dieser Zeilen.

Früher, in der guten alten Zeit, antwortete ich auf die Frage „Wie geht’s?“ üblicherweise mit einem lapidaren „passt schon“ – gleichbedeutend mit „geht so“, aber oft auch mit „lass mich in Ruhe“. In letzter Zeit fällt mir immer wieder auf, dass ich die gleiche Frage ohne nachzudenken immer wieder mit „gut, sogar sehr gut“ beantworte. Das wäre für sich genommen schon bemerkenswert, wird aber noch verstärkt angesichts der Tatsache dass ich unverändert auf einen Rollstuhl angewiesen bin und diesen auch absehbar zur Fortbewegung brauchen werde.

Abgesehen davon, dass ich mich dennoch nie so wohl in meiner Haut fühlte soweit ich mich zurück erinnern kann, ist der ausschlaggebende Faktor ein in einem wesentlich Punkt geändertes Denkmuster: anstelle der für mich typischen negativen Grundhaltung habe ich mich mit einigem Erfolg an eine positivere Herangehensweise gewöhnt: jeden Tag bemühe ich mich um die Erinnerung an 5 positive Ereignisse des Tages – wertvoll sind hier vor allem „interpretationsfähige“ Erlebnisse, also solche, die positiv oder negativ angesehen werden können. Rund wird das Konzept, wenn man diese Technik mit Erfolg einsetzen kann, auch um einsetzende oder bestehende Stimmungstiefs zu kontern.

Dieser veränderte Blickwinkel ist die vermutlich gravierendste, aus dem Klinikaufenthalt resultierende Veränderung – zumindest soweit es um nicht äußerlich erkennbare Dinge geht.

Die Tumor-Situation

Am 15. September 2010 erhielt ich eine verheerende Diagnose: Im MRT hatte sich ein Tumor in meinem Rückenmarkskanal gezeigt. Der Tumor, zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten Typs, dehnte sich vom dritten bis zum sechsten Nackenwirbel aus. Zu diesem Zeitpunkt war noch unklar, ob der Tumor Krebs bedeutete oder nicht und ob er sich im Rückenmark befand oder darum herum wuchs. Es stand lediglich fest, dass

  • die Beweglichkeit meiner beiden Arme seit Februar beständig abgenommen hatte, bis an den Punkt, an dem sie kaum noch zu gebrauchen waren. Meine Beine funktionierten noch, zeigten aber bereits erste Anzeichen von Unsicherheit.
  • Der Tumor würde meine Atmung beeinflussen, was letztendlich weniger als 6 Monate in der Zukunft meinen Tod zur Folge hätte.
  • Weniger als 3 Monate in der Zukunft wäre ich querschnittgelähmt gewesen.

Am 29. September, in einem neurochirurgischen Eingriff der beinahe 12 Stunden dauerte, konnte der Tumor vollständig entfernt werden.

  • Weil der Tumor entfernt werden konnte, konnten auch die Teile der Nackenwirbel, die abgetrennt worden waren, um das Rückenmark freizulegen, wieder vollständig eingesetzt werden. Die Alternative wäre eine destabilisierte oder teilweise versteifte Wirbelsäule gewesen.
  • Eine erste histologische Überprüfung des Tumors ergab seine Gutartigkeit (Typ Ependimom WHT°II). Es ist wohl eine der kleinen Ironien des Lebens, dass selbst etwas gutartiges schwere Lähmungen und den Tod zur Folge haben kann.
  • Mein Rückenmark wurde während des Eingriffs nicht verletzt, so dass wohl alle neurologischen Strukturen im Laufe der Zeit vollständig genesen werden.

Der großartigen Leistung des Chirurgen und seines Teams verdanke ich mein Leben und die Chance auf vollständige Genesung: Vielen Dank Professor Dr. Ganslandt von der Uniklinik Erlangen.

Zitat zum Jahreswechsel (III)

Diese Geschichte spielt im alten Persien. Es war an der Zeit, das Neujahrsfest vorzubereiten. Der König wies seine Leute an:
“Ich möchte, daß es ein wirklich königliches Fest wird. Die Gästeliste soll überquellen von illustren Persönlichkeiten. Die Tische sollen sich biegen unter Delikatessen, und der Wein soll nur aus erlesenen Trauben und besten Jahrgängen bestehen.”

Die Mitarbeiter schwärmten aus und brachten aus allen Landesteilen nur das Köstlichste. Aber der König war nicht zufriedenzustellen.
“Im letzten Jahr habe ich ein durch nichts zu überbietendes Fest gegeben. Aber die ganze Stadt sprach nur von dem Fest bei Ramun, dem Maler. Da wurde getrunken und gelacht die ganze Nacht bis zum Nachmittag des nächsten Tages. Im Jahr davor war es dasselbe. Ebenso im Jahr davor und davor. Einmal muß es mir doch gelingen, diesen Wurm zu übertrumpfen, denn ich, ich bin der König.”

Einer der Mitarbeiter, ein kluger Mann, verneigte sich tief und fragte:
“Mein König, habt Ihr je mit dem Maler gesprochen? Es muß doch einen Grund geben, warum die Leute sein Fest so lieben, obwohl sie in schäbiger Hütte ihre mitgebrachten Happen essen und den billigsten Wein trinken müssen.”
Der König nickte stumm und sagte:
“Gut, schafft mir diesen Ramun heran.”

Und so geschah es.
“Warum lieben die Menschen so dein Neujahrsfest?” fragte der König.
Worauf der Maler:
“Wir sind Freunde und brauchen einander – aber mehr brauchen wir nicht. Deshalb sind wir reich.”

Zitat zum Jahreswechsel (II)

“Ihre Majestät lassen allen guten Offizieren vielmals zum Neuen Jahr gratulieren und wünschen, daß sich die übrigen so betragen, daß Sie ihnen künftig auch gratulieren können.”

Neujahrswunsch des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm II. kurz nach seinem Amtsantritt an die Offiziere, 1787